Optionen für einen vorzeitigen Kohleausstieg in Hessen

Im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) analysierten Arepo und Prof. Dr. Barbara Praetorius vom Lankwitz Institute for Technology and Environment (LITE) mit einer Kurzstudie die Optionen für einen schnellen Kohleaussteig in Hessen. Die Analyse betraf vor allem wirtschaftliche und standortbezogene Aspekte. Der Schwerpunkt der Analyse liegt auf dem einzigen größeren Steinkohlekraftwerksblock Hessens, dem Block 5 des Kraftwerk Staudinger in der Gemeinde Großkrotzenburg bei Hanau.

Sie zeigt, dass der Kohleausstieg in Hessen in Bezug auf die wirtschaftlichen Auswirkungen eher unkritisch ist und einige Chancen zur positiven strukturellen Veränderung bietet. Für den Standort selbst stehen mehrere Entwicklungsoptionen zur Verfügung, und auch aus arbeitsmarktpolitischer Sicht wäre die Abschaltung des Kraftwerks unproblematisch. Die Gewerbesteuereinnahmen verloren schon in der letzten Dekade an Bedeutung für den Gemeindehaushalt der Gemeinde Großkrotzenburg. Im Hinblick auf die Stromnetzsicherheit ist zu erwarten, dass Staudinger 5 bei einer Stilllegungsankündigung in die Netzreserve übergehen wird. Damit stünde das Kraftwerk in Notsituationen weiterhin zur Sicherstellung der Stromversorgung zur Verfügung, würde jedoch nicht mehr am Strommarkt agieren.

Eine größere Herausforderung stellt sich nur im Bezug auf die Wärmenetze von Hanau und Großkrotzenburg. Die aktuellen Erwägungen für den Ersatz von Kohle durch Erdgas in den Wärmenetzen müssen sorgfältig auf ihre Kompatibilität mit den übergeordneten klimapolitischen Zielen in Hessen und Deutschland geprüft werden. Gaskraft- bzw. Heizkraftwerken, die nach 2025 ans Netz gehen, steht nur noch eine wirtschaftliche Lebensdauer von 25 Jahren zur Verfügung, da es nicht zu erwarten ist, dass sie danach mit Wasserstoff betreibbar sein werden. Hier muss grundlegender gedacht werden.

Die Studie schlägt dazu eine Erweiterung bzw. Ergänzung des Betrachtungsrahmens in drei Dimensionen vor: erstens sollte die Energieeffizienz im Gebäudebestand einbezogen werden. Der Gebäudebestand hat eigene Ziele für Klimaneutralität, die z.B. bundesweit bis 2050 erreicht sein soll. Hier sollte spätestens zum Zeitpunkt einer Neuinvestition in eine Wärmequelle (wie die KWK-Anlage in Staudinger) ein detaillierter Sanierungsplan für das jeweilige Versorgungsgebiet aufgelegt werden. Damit wird eine dynamische Betrachtung der Wärmebedarfe sowie der zugehörigen Business Cases möglich. Zweitens sollte die Auslegung neuer Erzeugungsanlagen Modifizierungen der Wärmenetze antizipieren. Dabei müssen sowohl die Dimensionierung der Wärmenetze als auch die Form (dezentrale versus zentrale Wärmeerzeugung) und die Art (Hochtemperatur- versus Niedrig- bzw. Niedrigsttemperaturnetze) jeweils aus langfristiger Perspektive betrachtet werden.

Zusätzliche Informationen und weitere Aktivitäten des hessischen Klimaschutzplans finden sich hier.